Am Ende kann es nur Einen geben: Warum der Dreikampf um den WM-Titel vorprogrammiert war und weshalb es die Chevrolet-Fahrer fast zu bunt trieben
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Es kam, wie es kommen musste. Denn eigentlich war schon vor dem Beginn der WTCC-Saison klar, dass der Titelgewinn 2012 nur über Chevrolet führen würde. Nach den triumphalen Jahren 2010 und 2011, in denen die US-amerikanische Marke jeweils beide WM-Wertungen für sich entschieden hatte, galten Rob Huff, Alain Menu und Yvan Muller auch in der neuen Saison als die haushohen Favoriten.
Als einzige Werkspiloten unter einer Vielzahl von Privatfahrern - alles Andere als der erneute Gewinn der WM-Titel wäre eine herbe Schlappe gewesen. Und so setzte sich das Chevrolet-Trio in der Saison 2012 erwartungsgemäß und vor allem deutlich gegen die Konkurrenz durch . Dabei flogen aber mehr Fetzen, als es der Teamleitung lieb war. Und das gleich beim Auftakt im Königlichen Park von Monza.
Die beiden ersten Sprintrennen des Jahres machten Lust auf mehr, weil sich Huff, Menu und Muller auf der Strecke einige erfrischende Duelle lieferten und vor Lackaustausch und kleinen Remplern nicht zurückschreckten. Tourenwagen-Sport wie er sein soll. Das war zumindest der Eindruck der Fans. Doch bei Chevrolet fand man wenig Gefallen daran, dass die Piloten so hart zugange waren.
Der Sportchef spricht ein Machtwort
Der Zweikampf zwischen Huff und Menu fand beispielsweise für beide Beteiligten im Kiesbett sein Ende, ein zu heftiges "Anklopfen" von Huff gegen Muller mündete nur mit Glück in einem Dreher ohne Folgen. Sehr viel mehr als Staub aufgewirbelt hatten die Chevrolet-Fahrer damit nicht, aber ihren Sportchef schier auf die Palme gebracht. Eric Neve sprach nach Monza erst einmal ein Machtwort.
"Es war alles schön und gut. Man hat gesehen, dass sie ehrgeizig sind", sagte Neve damals bei 'Motorsport-Total.com' über das Verhalten seiner Piloten, die damit ein gewisses Limit überschritten hätten. "Sie waren bereit dazu, ein Stück zu weit zu gehen. Wir baten unsere Fahrer darum, sich zu benehmen." Zunächst über Funk, nach den Rennen auch im kleinen Kreis. Und dann nochmals.
"Wenn sich alles beruhigt hat, muss man etwas Zeit ins Sportmanagement investieren", hatte Neve noch am Sonntagabend von Monza erklärt - mit einem wohlwollenden Lächeln im Gesicht. Die Kritik an seinen Piloten hat ihre Wirkung aber dennoch nicht verfehlt: In den folgenden Rennen agierten Huff, Menu und Muller regelrecht zahm. Teamduelle wurden ausgefochten, aber nicht bis aufs Messer.
Alles eitel Sonnenschein
In Marrakesch tat sich das Trio sogar zusammen, um in den Rennen gemeinsame Sache zu machen und das gesamte Feld zu deklassieren. Spätestens nach der dritten WM-Veranstaltung des Jahres war unmissverständlich klar: Chevrolet hatte die Sache im Griff, und wie! Was übrigens auch für den WM-Titelverteidiger Muller galt, der sich schon beim Saisonauftakt an der Tabellenspitze etabliert hatte.
Der dreimalige Weltmeister schien im Sommer auf Kurs zu seinem vierten WM-Titel zu sein. Doch dann wendete sich das Blatt - zu seinen Ungunsten. Muller, der sonst so Fehlerlose, machte Fehler. Drei an der Zahl, die ihn vor dem Saisonfinale in Macao zum krassen Außenseiter deklassierten. Trotz acht Laufsiegen reiste Muller nur als Dritter zur letzten Rennstation - hinter Huff und auch hinter Menu.
Beide Chevrolet-Teamkollegen des Titelverteidigers hatten von den Zwischenfällen profitiert, die sich Muller in Pressburg (gegen Norbert Michelisz), in Sonoma (gegen Franz Engstler) und in Schanghai (gegen Alain Menu) geleistet hatte - er räumte seine Rivalen von der Bahn. "Es waren wirklich kleine Fehler", sagt Huff rückblickend bei 'Autosport'. Allerdings mit großer Wirkung für Muller und auch Menu.
Huff hat alle Trümpfe in der Hand
Letzterer, in den vergangenen Jahren meist nur die dritte Geige im Chevrolet-Werksteam, witterte im Endspurt der Saison noch einmal Morgenluft. Und seine große Chance. Bis ihm Muller in Schanghai ins Heck donnerte, ihn und sich selbst wichtige Punkte kostete und Huff den WM-Titelgewinn auf dem Silbertablett servierte. Der Rest schien - bei über 30 Punkten Vorsprung - nur eine Formsache zu sein.
War es aber nicht, wie das erste Macao-Rennen bewies, als Huff seinen Chevrolet Cruze 1,6T in die Mauern setzte. Und so musste der letzte von insgesamt 24 WM-Läufen für die Entscheidung sorgen. In einem Titelkampf, dessen Ausgang von vorneherein klar zu schein schien, und in dem es am Ende trotzdem anders kam, als zunächst geglaubt. Zugunsten von Huff, dem neuen Tourenwagen-Weltmeister.
Dem vermutlich letzten Titelträger aus dem Hause Chevrolet, denn ein Werksteam wird es 2013 nicht mehr geben . Bereits im Juli hatte Chevrolet den Ausstieg zum Jahresende öffentlich gemacht - was wohl auch den Fahrern noch einmal etwas mehr Risikobereitschaft mit auf den Weg gegeben hat. Oder wie es Huff ausdrückt: "Ich bin einfach nur stolz darauf, letzter Weltmeister für Chevrolet zu sein."