Gleiche Punkte für Eröffnungs- und Hauptrennen: Das trägt nach Ansicht von WTCC-Rekordchampion Yvan Muller nicht gerade zur Spannung bei
© Foto: FIA WTCC
Citroen-Pilot Yvan Muller kritisiert das aktuelle Modell der Punktvergabe in der Tourenwagen-Weltmeisterschaft (WTCC). Für den viermaligen Weltmeister ist es unverständlich, dass für das Eröffnungsrennen, in dem die ersten zehn aus dem Qualifying in umgekehrter Reihenfolge starten, genau so viele Punkte wie für das Hauptrennen vergeben werden, in dem die schnellsten Fahrer von vorne starten.
"Ich kann mir nicht helfen, aber ich finde es unglücklich, dass das Punktesystem das Rennen mit der umgekehrten Startaufstellung genau so hoch gewichtet", so Muller. "Das ermutigt einen nicht gerade, gute Leistungen zu zeigen." Das gilt für allem für das Qualifying, wo immer wieder Fahrer um den zehnten Platz pokern und nicht mehr versuchen, ihre Rundenzeit zu verbessern, sobald der Einzug in Q3 unwahrscheinlich ist.
Das führte in der Vergangenheit schon zu grotesken und gefährlich Situationen. Als 2015 in Vila Real nach Unfällen in Q2 nur noch zehn Piloten auf der Strecke unterwegs waren, schlichen Muller und sein damalige Citroen-Teamkollege Qing-Hua Ma um die Strecke und behinderten dabei andere Fahrer. Denn das Motto war klar: Wer die langsamste Zeit fährt, steht auf Platz zehn und damit in der umgekehrten Startaufstellung vorne. Diese fragwürdige Taktik verhalf Ma am nächsten Tag zum Sieg im zweiten Rennen.
Das Problem mit der umgekehrten Startaufstellung und dem Pokern um den besten Startplatz beschäftigt die WTCC schon lange. Früher wurde das Ergebnis des ersten Rennens zur Bildung der umgekehrten Startaufstellung herangezogen, was teilweise dazu führte, dass Piloten am Ende des Rennens vom Gas gingen und andere absichtlich vorbei ließen, nur um sich einen besseren Startplatz für den nächsten Lauf zu sichern. Doch auch die Umstellung des Systems und die Anwendung auf das Ergebnis von Q2 konnte nicht verhindern, dass manchmal Piloten absichtlich langsamer fahren als sie könnten.
Mögliche Lösungsvorschläge liegen auf dem Tisch. So könnte man den Gedanken von Muller aufgreifen und für das Eröffnungsrennen weniger Punkte als für das Hauptrennen zu vergeben. Das würde die Motivation, sich auf Platz zehn zu pokern, sicherlich verringern. Allerdings würde man damit Privatfahrer, die in der Regel nur durch die umgekehrte Startaufstellung die Chance auf einen Sieg haben, in der Meisterschaft benachteiligen.
Eine andere Möglichkeit wäre, das Modell aus der Britischen-Tourenwagen-Meisterschaft zu übernehmen. Dort wird im dritten Lauf des Wochenendes ebenfalls eine umgekehrte Startaufstellung angewendet, die anhand des Zieleinlaufs des zweiten Rennens gebildet wird. Allerdings wird dabei ausgelost, ab welcher Position zwischen sechs und zehn die Startaufstellung umgekehrt wird, sodass es nicht möglich ist, gezielt auf die Pole-Position zu fahren.