Zwischen italienischem Eifer und japanischer Gründlichkeit

, 14.03.2013

Die Entwicklung des neuen Honda Civics aus der Sicht von Teamchef Alessandro Mariani, dem die Arbeitsweise in Japan anfangs Spanisch vorkam

Stell Dir vor, Du hast ein brandneues Auto. Und alles, was Du damit anstellen willst, ist, es endlich auf die Strecke zu bringen. Wie aber würdest Du Dich fühlen, wenn dann schon nach nur einer langsamen Runde erst einmal gar nichts mehr geht, weil die Kollegen ihre Laptops anstöpseln und stundenlang Daten auslesen? Im Zweifelsfall einfach bei Alessandro Mariani nachfragen. Er hat es genau so erlebt.

Im ersten Augenblick muss das für den italienischen Teamchef des neuen Honda-Werksteams ein kleiner Kulturschock gewesen sein. Mittlerweile kommt ihm aber ein Schmunzeln über die Lippen, wenn er von den Anfängen der Zusammenarbeit zwischen den JAS-Mechanikern aus Italien und den Honda-Ingenieuren aus Japan berichtet. Denn die Situation hatte durchaus etwas Komisches an sich.

"Wir absolvierten die allererste Testrunde mit dem Honda Civic mit gefühlt maximal 40 km/h. Und direkt im Anschluss folgte eine zweistündige Datenkontrolle", sagt Mariani über die erste Testfahrt mit dem neuen Honda Civic, die Honda bereits im Sommer 2012 absolvierte. "Es war irre, aber so machen es die Japaner. Es ist halt eine andere Herangehensweise. Und wir mussten uns anfangs etwas bremsen."

Mit Teamgeist zum Erfolg

Statt italienisch-leidenschaftlich gleich am ersten Tag viel Arbeit zu verrichten, kamen die Mitarbeiter von Mariani nicht umhin, Geduld walten zu lassen. Was mit der Zeit immer besser gelang. Rasch stellten sich Fortschritte ein: "Wir haben es geschafft, die japanische und die italienische Mentalität miteinander zu verbinden. Ein guter Teamgeist ist schließlich essenziell, um erfolgreich zu sein."

Von großer Bedeutung ist aber offenbar auch ein ruhiger Führungsstil, wie ihn Mariani pflegt. Bereits beim zweiten Probeeinsatz des Honda Civics kam ihm eben dieser zugute: "Das Wochenende in Suzuka war zufriedenstellend verlaufen. Das Auto war konkurrenzfähig gewesen. In Schanghai trat im Rennen aber ein Motorenproblem auf und unsere Leistung war nicht so prickelnd. Das war der Knackpunkt."

"Die Erwartungen waren hoch, wir hatten alle Hände voll zu tun, aber kein Ergebnis. Ich rief daher alle zu einer Besprechung zusammen", sagt Mariani und berichtet von einem "guten und ruhigen" Treffen, bei dem alles genau analysiert worden sei. "Zwei Wochen später reisten wir nach Macao und drehten den Spieß herum. Auf Seiten des Chassis, auf Seiten des Motors - einfach überall." Und mit Erfolg.

Tarquini als wichtiger Fixpunkt

Beim gerade einmal fünften Rennen des Fahrzeugs fuhr Tiago Monteiro erstmals auf das Treppchen, als er ausgerechnet im schillernden Macao als Dritter über die Linie kam. Für Mariani und Honda ein Zeichen, auf dem richtigen Weg zu sein. Ein Weg, der speziell von Gabriele Tarquini mitgestaltet werden soll. Der italienische Ex-Champion gilt als klarer Fixpunkt im WTCC-Engagement von Honda.

"Gabriele war ja schon mit dabei, als wir 1996 unsere Arbeit bei JAS aufgenommen haben. In nur drei Sekunden waren wir wieder auf einer Linie", meint Mariani und fügt hinzu: "Wenn es einmal etwas zu klären gibt, haben wir das rasch erledigt. Das ist ein großes Plus. Und es funktioniert genau so, wie wir das erwartet hatten. Gabriele verfügt schließlich über jede Menge Erfahrung im Tourenwagen."

Und damit wirkte er positiv auf die Stimmung im Team ein, erklärt Mariani. Er spricht noch einmal über den so wichtigen ersten Test mit dem Honda Civic: "Als Gabriele nach einer Runde in Vallelunga wieder zurück an die Box kam, fragte ich ihn nach seinen Eindrücken. Jeder von uns hatte sich so seine Gedanken gemacht und gewisse Befürchtungen gehabt. Er aber sagte nur: 'Das Auto ist gut.'"

"Das war der Startschuss für uns", sagt Mariani. "Wir waren uns nun sicher, in die richtige Richtung zu gehen." Und eben diesen Kurs verfolgt das Team bis heute, um mit Tarquini und Monteiro "möglichst bald" den ersten Sieg einzufahren. Der erste Honda-Erfolg in der WTCC wäre es aber nicht: Den hat bereits 2008 James Thompson geholt. In Imola und auf dem Kunden-Honda-Accord von N.Technology.

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